> Lollapalooza Berlin - Day 2 | In pale moonlight

22.09.2017

Lollapalooza Berlin - Day 2

Nachdem ich am Samstag Abend zum Glück von dem Rückreise-Chaos verschont wurde und dementsprechend nicht allzu spät zu Hause war, geht es am nächsten Vormittag einigermaßen erholt wieder in Richtung Hoppegarten.
Da wir den Tag wieder nutzen wollen, treffen wir uns um halb zwölf auf dem Gelände. Nachdem wir uns etwas zu trinken geholt haben, beschließen wir, dass der perfekte Zeitpunkt für eine Riesenradfahrt gekommen ist. Trotz Höhenangst ist die Fahrt super, denn bei strahlendem Sonnenschein haben wir einen tollen Blick über das Gelände.
Die erste Band, die wir sehen, ist "Meute". Gehört haben wir noch nie von der 11-köpfigen Techno Marching Band, dass wir ihre Show anschauen war auch nicht geplant. Wobei "anschauen" hier das falsche Wort ist. Denn zu den Techno- und Housebeats, die die Hamburger mit ihren Blasinstrumenten da spielen, kann man einfach nicht still stehen. Die meisten der Stücke sind von bekannten DJs, deutlich erkennbar und doch ganz anders. Wir sind alle vollauf begeistert von "Meute" und deshalb schon nach dem ersten Konzert völlig verschwitzt.
Anschließend haben wir Schwierigkeiten, uns zu entscheiden... Alice Merton oder Sigrid? Sigrid spielt auf der Alternative Stage, wo scheinbar irgendwer vergessen hat, die Lautstärke aufzudrehen, wer nicht ganz vorne steht hört nichts. Bei Alice Merton halten wir es auch nicht so lange aus, da es nicht so wirklich unsere Musik ist und wir auch nur diesen einen Song von ihr kennen, "Roots", naja, weil man den eben kennt. Da wir nach unserer Tanzeinlage bei Meute sowieso hungrig sind, holen wir uns stattdessen eben einen Burrito.
Unsere nächste Station ist die Perry Stage, denn wir sind ja bereits in Tanzstimmung. Und wenn man bei NGHTMRE eines kann, dann ist es tanzen. Ähnlich wie Boys Noize am Vortag ist das nämlich alles Andere als Kuschel-Techno. Auf die Perry Stage ist eben Verlass, wenn man ordentlich tanzen möchte! 
Ganz anders ist die Alternative-Stage: Bei Alma geben wir ihr eine zweite Chance. Mittlerweile wurde die Lautstärke zwar ein bisschen aufgedreht, aber der Sound ist immer noch katastrophal. Nach ein paar Liedern, setzen wir uns hin, denn wir wollen zwar eigentlich Alma sehen, aber auf Tanzen hat man bei dem Klang leider wenig Lust. 
Bevor wir weiter zu Anne-Marie gehen, stärken wir uns mit einem Frozen Quark. Nachdem wir am ersten Tag nur Mittags etwas gegessen hatten, genießen wir jetzt das riesige Angebot auf dem Festival. Und naja, dank dem Cashless-System hat man keinen richtigen Überblick über seine Finanzen, so lässt sich das Geld leider viel leichter verschwenden.
Wie ich halt so bin, weiß ich mal wieder nicht wer Anne-Marie ist. Es stellt sich aber heraus, dass ich doch den ein oder anderen Song kenne, obwohl ich solche Musik alleine kaum höre. Aber ich muss zugeben, das Konzert gefällt mir, die Stimmung ist gut, mittlerweile hat sich das Gelände auch wieder ziemlich gefüllt. Und die Frau dort auf der Bühne ist einfach der Wahnsinn, in Trainingshose, Sport-BH, Kimono und Sonnenbrille sieht sie super aus, hat eine großartige Ausstrahlung und ihre Stimme überzeugt mich auch voll und ganz. 
Anschließend folgt endlich, endlich Metronomy, eine der Bands, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Was die Vorfreude etwas trübt, ist die Tatsache, dass die Briten auf der Alternative spielen. Darüber, dass der Sound furchtbar ist, lässt sich leider auch gar nicht streiten. In einem Moment dreht der Tontechniker die Lautstärke merklich hoch, im nächsten sind die Stimmen kaum zu hören. Selbst als sich das Ganze etwa bei der Hälfte der Show etwas eingependelt hat, bleibt der Sound irgendwie unangenehm, metallisch, einfach irgendwie schlecht.
Aber zu Metronomy: wäre da nicht dieser Sound, könnte das Konzert echt super sein. Die Engländer wirken, als hätten sie großen Spaß an ihrer Show, der Mix zwischen langsameren Stücken und Hits ist perfekt. Mit jedem Song wacht auch das Publikum mehr auf und spätestens bei "Love letters" kann keiner mehr stillstehen. Den krönenden Abschluss bildet "Reservoir", das Publikum jubelt, tanzt und feiert die Briten - trotz des Sound-Debakels.
Während AnnenMayKantereit schon beginnt auf der MainStage zu spielen, holen wir uns ein Bier in der Musikdurstig-Lounge. Wir sind alle keine wirklichen AnnenMayKantereit-Fans, kennen ein paar Lieder, mögen das Ein oder Andere vielleicht ganz gerne. Zu dem Konzert möchte ich auch hauptsächlich auf Grund von Henning Mays unglaublicher Stimme gehen. Als die Kölner loslegen hört man sie aber auch von der Lounge aus so gut, dass wir einfach dort sitzen bleiben, etwas zu essen und zu trinken holen, unsere Beine ausruhen und Mays Stimme lauschen. Auch auf die Leinwände haben wir einen guten Blick und wieder ein Mal bin ich erstaunt, wie wenig man bei so einem Typen eine solch außergewöhnliche Stimme erwartet. Insgesamt ist das Konzert gut, nichts was einen vom Hocker reist, nichts, was uns unbedingt zum Tanzen und Mitmachen bewegt, aber alles in allem einfach schön.
Ursprünglich war fest geplant, zu London Grammar zu gehen, da wir alle die schwermütigen Songs der Briten lieben. Die Vorfreude ist aber nach unseren vorherigen Erfahrungen mit der Alternative Stage etwas getrübt. Tatsächlich scheint es aber so, als wäre zumindest die Lautstärke jetzt ein für alle Mal eingestellt und auch der Gesang ist nun gut zu hören. Was bleibt, ist der etwas metallische Sound, der qualitativ immer noch deutlich zu wünschen übrig lässt. Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb London Grammar nicht überzeugt. Im strahlenden Sonnenschein, in der bunt glitzernden Festivalwelt, wirken die Briten irgendwie fehl am Platz. Die minimalistische schwarze Bühnendekoration, das Auftreten der Band und die Wirkung ihrer melancholischen, ruhigen Lieder kommen einfach nicht richtig rüber. Das Publikum ist jetzt in Feierlaune, bei den schwermütigen Klängen setzen die Leute sich hin, ruhen sich aus. Vielleicht hätten sie Abends im Dunklen spielen sollen, vielleicht braucht diese Art von Musik aber auch einfach einen dunklen, verrauchten Kellerraum.
Nach ein paar Lieder wechseln wir die Bühne, denn aus heimattechnischen und sentimentalen Gründen wollen wir zumindest kurz bei Cro vorbei schauen. Ich mochte seine Musik mit vierzehn, also ganz am Anfang, seit dem habe ich ihn aber kaum noch gehört. Damals war ich auf einem Konzert und kann mich erinnern, dass die Stimmung super war und Cro eine solide Show ablieferte. Vielleicht auch wegen des überragenden Konzerts von Marteria am Vortag habe ich auch jetzt recht hohe Erwartungen. Aber ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, was ich erzählen soll. Ich habe glaube ich selten ein so langweiliges Konzert gesehen. Klar, das Publikum freut sich, als Carlo "Unendlichkeit" spielt, aber so richtig Stimmung macht der Rapper mit der Panda-Maske nicht. Während er ein Lied nach dem anderen von seinem zwei Tage zuvor erschienenem Album spielt, frage ich mich, wie das Ganze noch funktioniert. Die Panda-Maske, der Hipster-Style, das alles. Ist es nicht so, dass Cro nicht wirklich mit seinen Fans wächst, sondern immer wieder neue Teenager seine Musik hören, bis sie daraus heraus wachsen? Klar, viele von uns finden wohl das ein oder andere Lied gut, aber so richtig toll ist dieser Typ mit seiner Maske nur für die Jüngeren - oder nicht? Vielleicht liege ich auch falsch, aber ich denke, dass ich mir über so etwas während einem Konzert den Kopf zerbreche ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Show langweilig ist. Deshalb gehen wir auch kurz vor Ende zur anderen MainStage, denn dort spielen schließlich gleich die Foo Fighters!
Auf die Foo Fighters habe ich mich schon seit Wochen am meisten gefreut, natürlich. Ich habe auch den leisen Verdacht, dass ein Großteil der Tagestickets für den Sonntag von Leuten gekauft wurden, die wirklich nur für die Rock-Band um Dave Grohl da sind. So viele Menschen waren bei keinem einzigen der anderen Konzerte, was auch verständlich ist. Sobald die ersten Takte von "I'll stick around" zu hören sind und die Band die Bühne betritt, rastet das Publikum aus. Gleich zu Beginn der zweistündigen Show verkündet Dave Grohl, dass sie Stücke von allen acht Alben spielen werden, inklusive Songs von ihrer brandneuen, neunten Platte. Und genau so ist es auch, wobei insgesamt vermutlich die Anzahl an älteren Stücken am größten ist. Zwischen den Songs lässt Dave Grohl es sich nicht nehmen, immer wieder "Yeah" oder "Motherfucker" zu schreien, mit dem Publikum zu interagieren, Ansagen zu machen - und offensichtlich auf seinem Kaugummi herum zu kauen.
Für ihre aktuelle Single "The Sky is a neighborhood" holen die Foo Fighters sich Taylor Greenwood auf die Bühne, die Dave Grohl als "The next big thing" ankündigt. Anschließend stellt er seine Band vor, was in einer kleinen Jamsession und schließlich mit Queens "Another one bites the dust" und "Blitzkrieg Bop" von den Ramones endet.
Irgendwann holt Dave Grohl dann auch noch Perry Farrell auf die Bühne, den Gründer des Lollapaloozas. Während dieser Mann, der eindeutig zu viel Botox im Gesicht hat, bei seiner Ansprache sehr skurril wirkt, ist der Song, den er gemeinsam mit der Band performt, überragend.
Als die Band dann gegen Ende "Best of you" spielt, kann selbst der größte Tanzmuffel nicht mehr still stehen. Für all diejenigen, denen die Show bis dahin zu rockig war, folgt anschließend die langsame Version von Wheels - ich möchte nicht, dass dieses Konzert endet.
Den krönenden Abschluss bildet Everlong, die originale Version, nicht das oft gespielte Acoustic-Cover. Ich glaube einen fantastischeren Abschluss hätte es nicht geben können, wir singen, springen und sind einfach glücklich.
Nach der überragenden Rockshow der Foo Fighters folgt nur noch eine einzige Band - The XX. Auf die Londoner habe ich mich auch schon sehr gefreut und wir alle waren gespannt, ob sie uns - natürlich auf ihre eigene Art - so wie die Foo Fighters überzeugen würden.
Wir wechseln schnell von einer MainStage zur Anderen, denn normalerweise sind die Übergänge ja nahtlos. Tatsächlich lassen The XX aber ein bisschen auf sich warten. Doch als endlich die ersten Töne des Intros erklingen und die Engländer die Bühne betreten sind wir sofort hin und weg. Wenn man sich in Stimmen verlieben kann, dann haben wir das vermutlich alle getan. Und zwar sowohl in Romys, als auch in Olivers. Ich glaube ich war noch nie auf so einem wunderschönen Konzert. Leider gehen schon einige Leute nach Hause, da sie Angst vor einem ähnlichen Chaos wie am Vortag haben. Und in besonders ruhigen Momenten hört man leider die Hardwells Beats von der Perry Stage, an einer Stelle sieht man auch ein Feuerwerk. Das ist das einzige, was bei The XX noch gefehlt hat. Als krönender Abschluss des Festivals. Aber eigentlich ist das auch nicht nötig, denn die Engländer überzeugen auch so vom ersten bis zum letzten Ton. Als sie mit Angels ihren letzten Song spielen, kommen mir beinahe die Tränen, so wunderschön ist das alles. 
Als das Konzert zu Ende ist, sind wir alle wie verzaubert, es ist als waren wir in einer anderen Welt und wachen gerade wieder auf.
Am Ende treffen wir uns noch mal alle in der Musikdurstig Lounge. Die meisten Leute gehen bereits nach Hause, aber wir wollen noch nicht ganz aus der bunten Festival Welt auftauchen. Noch ein Bier, noch ein bisschen tanzen, noch ein bisschen glitzern, bevor uns zuhause die unvermeidliche Post-Festival-Depression erwartet. Wir sitzen auf dem Boden, erzählen uns gegenseitig von den Konzerten. Die Jungs haben Backstage ein Bild mit Dave Grohl und Taylor Hawkins bekommen und sind überglücklich. Während die Hälfte im Schneidersitz auf dem Boden sitzt, gehen wir zu dritt rüber zum RedBull-Zelt, wo wieder auf dem Tresen getanzt wird. Wir bekommen zwar keinen Platz mehr oben, aber genießen trotzdem noch die letzten Minuten Musik und Tanz. Irgendwann wird die Musik ausgestellt, ich frage ob sie noch ein bisschen mehr spielen können, aber sie meinen es sei Schluss. Also gehen wir zurück zu den anderen, setzen uns noch ein bisschen zusammen, holen ein letztes Bier und werden schließlich gebeten, das Gelände nun zu verlassen.
Da die Jungs mit dem Tourbus unterwegs sind und wir Mädels nur noch zu zweit sind, der Rest ist früher gegangen, ist die Heimfahrt problemlos und nur eine Stunde, nachdem wir das Gelände verlassen haben, bin ich zu Hause und wasche mir das Glitzer aus dem Gesicht...
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